SEARCH

Search

Explore

Blog
Podcast
Free Live Event
Self-Assessment
Manifesto
Book

Work with me

Connect

SUBSCRIBE

Search
Close this search box.

Gedanken zur Diskussionskultur

Meinungsfreiheit bedeutet, dass man seine eigene Meinung haben darf.

Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man immer seine Meinung äußern muss.

Eine Meinung zu haben, bedeutet noch nicht recht zu haben.

Recht zu haben bedeutet nicht immer, dass die anderen unrecht haben.

Dass die anderen unrecht haben, bedeutet noch nicht, dass man recht hat.

Recht zu haben macht noch nicht moralisch überlegen.

Nur weil jemand unrecht hat, ist er noch nicht böse.

Man darf seine Meinung ändern.

Es hilft, erst zuzuhören, bevor man sich eine Meinung bildet.

Es hilft, Fragen zu stellen.

Eine Frage ist nicht unbedingt eine Meinungsäußerung.

Nicht jede Äußerung ist eine Meinungsäußerung.

Kein Mensch formuliert perfekt.

Das, was jemand sagt, ist nicht unbedingt das, was sie meint.

Es hilft, erst nachzudenken, bevor man anderen eine Meinung unterstellt.

Sarkasmus hilft selten.

Arroganz auch nicht.

Beschimpfungen und Hass erst recht nicht.

Es lohnt sich, für eine offene Diskussionskultur einzutreten, in der jeder tatsächlich sagen darf, was er denkt – ohne Angst haben zu müssen, dafür beschimpft, beleidigt oder ausgelacht zu werden.

Es lohnt sich, offen für andere Meinungen zu bleiben.

Es lohnt sich, respektvoll miteinander umzugehen.

Die Kunst des Zuhörens

Viele Menschen machen sich während eines Gesprächs vor allem darüber Gedanken, was sie als nächstes sagen möchten. Statt aufmerksam zuzuhören, was die anderen sagen.

Eigentlich warten sie nur auf die nächste Gelegenheit, selber wieder sprechen zu können. Schließlich kommt „Gespräch“ ja von „sprechen“.

Und genau das tun sie dann auch. Sprechen. Meist über sich. Zum Beispiel, um uns ihre Erlebnisse mitzuteilen. Oder mit ihrem Wissen zu glänzen. Ihre Meinung zu äußern. Oder ihre Geschichte zu erzählen.

Statt erst einmal zuzuhören. Und abzuwarten, was die anderen denn zu sagen haben.

In solchen Gesprächen geht es zu wie in einer schlechten Band, die nur aus Solisten besteht – Solisten, die nicht miteinander spielen, sondern nebeneinander, weil jeder mit seinem eigenen Solo beschäftigt ist, statt sich gegenseitig so zu verstärken, dass ein gemeinsames Meisterwerk entsteht.

Und so werden solche Gespräche zu einem Nebeneinander von Erzählfetzen, die im besten Fall lose zusammengehalten werden durch ein Thema (die schlimmsten Arztbesuche, die nervigsten Kunden, Politik, Sport, etc.), das aber von einer Sekunde auf die andere wechseln kann, weil irgendjemand sich an irgendeine neue Situation erinnert fühlt („Mir ist mal was ganz ähnliches passiert …“) und dann ab in das nächste Solo taucht, das so rein gar nichts mit dem vorherigen Solo zu tun hat.

Jeder wartet also auf seinen Einsatz. Und wir warten vergeblich darauf, dass das Gespräch irgendwo hinführt.

Das kann es natürlich nur, wenn wir bereit sind, unsere eigene Richtung zu ändern. Wenn wir nicht bloß darauf warten, selbst ans Steuer zu kommen, sondern Rücksicht darauf nehmen, wohin die anderen reisen wollen.

Im besten Fall kommen wir dann sehr viel weiter, als es jeder von uns alleine könnte. Weil wir gemeinsam ein Thema erkunden, es vertiefen, ergänzen, hinterfragen und durchdringen.

Dialog heißt reden und reden lassen. Senden und empfangen. Insbesondere aber: Sprechen und zuhören.

Ohne Zuhören geht es nicht.

Zuhören ist dabei mehr als nur Warten auf den eigenen Einsatz. Zuhören bedeutet Anteil zu nehmen, mitzufiebern, mitzufühlen. Aber auch: Fragen zu stellen. Es genauer wissen zu wollen. Tiefer zu bohren.

Wer immer nur damit beschäftigt ist, was man als nächstes sagen will, kann all das nicht. Ich kann nicht gleichzeitig an meinem eigenen Solo schrauben und offen sein für das, was die anderen spielen. Denn dazu müsste man genau auf den anderen hören, statt sich starr auf das zu konzentrieren, was man gleich loswerden will. Nicht umsonst meint Ausnahme-Gitarrist Pat Metheny, dass großartige Musiker vor allem großartige Zuhörer sind. („The best musicians are not the best players, they’re the best listeners.“)

Gute Gespräche führen irgendwo hin und sie gelingen durch die Bereitschaft zum echten Zuhören – einer Art von Zuhören, die sich einlässt auf das, was gesagt wird, und die versucht es zu verstehen und zu hinterfragen: Wie meint sie das? Wohin führt uns das? Das will ich genauer wissen!

Letztlich ist das auch vor allem erst einmal höflich.

Manchmal kann es sogar bedeuten, erst einmal gar nichts zu sagen. Dem oder der anderen einfach den Raum zu geben, den sie brauchen.

Wer die Geduld hat richtig zuzuhören, signalisiert damit anderen, dass man bereit ist, sich auf sie einzulassen. Und das wiederum ermöglicht den anderen, sich zu öffnen, die richtigen Worte zu suchen und sie auch zu finden, weil sie nicht ständig unterbrochen werden und das Gespräch in eine andere Richtung gelenkt wird. Erst durch dieses Vertrauen, dass da jemand geduldig – und bedingungslos – zuhört, ist es manchmal möglich auch Dinge auszusprechen, die man sich sonst scheut zu sagen, weil man sich fragt: Wollen die das hören? Interessiert das überhaupt jemanden? Was denken die wohl darüber?

Gute Zuhörer haben die Bereitschaft, sich auf neue Gedanken einzulassen. Sie hören nicht nur die Stichworte, die Sprungbrett für die nächste eigene Geschichte sind. Sie suchen nicht nur Bestätigung für das, was sie selbst gesagt haben, sondern nehmen gerade die Zweifel und Fragezeichen wahr.

Dialog erfordert die Offenheit, anders aus einem Gespräch herauszugehen, als man hineingegangen ist. Wer immer nur damit beschäftigt ist, möglichst schnell Antworten zu geben, übersieht, dass das Warten auf eine überlegte Frage ein Gespräch oft viel weiter bringt, als die schnelle Antwort. Schlagfertigkeit ist in diesem Sinne überbewertet, denn sie zielt meist mehr auf den eigenen Ruhm, als auf die gemeinsame Erkenntnis.

In gelungenen Gesprächen haben wir die Chance, etwas zu lernen. Wir können wachsen, motiviert werden, zu neuen Ufern aufbrechen. Und dabei aufrichtig am Leben und den Gedanken der anderen teilhaben. Dabei sollten wir einander verstärken statt uns zu übertönen, gemeinsam beschleunigen statt uns gegenseitig zu überholen.

Dazu braucht es Pausen und die Fähigkeit abzuwarten. Pausen schaffen den Resonanzraum, in dem meine Gesprächspartner nachdenken, assoziieren und vergleichen können. Wir müssen Stille aushalten, damit nicht jeder Gedanke unseres Gegenübers im eigenen Redefluss erstickt.

Wenn wir den Raum ohne Punkt und Komma mit Information füllen, können wir das Wichtige nur schwer vom Unwichtigen unterscheiden. Es fehlt der Platz zum Atmen und zur Reflektion.

Die Kunst des guten Gesprächs ist deswegen immer auch eine Kunst des geduldigen Wartens … denn nur dabei können wir diesen Raum geben und aufmerksam zuhören.

Dieser Text ist ein (leicht bearbeiteter) Auszug aus dem Buch „Schöner Warten” von Armin Nagel mit Texten von Dr. Michael Gerharz und vielen anderen. Wir alle warten jeden Tag und empfinden es meist als unangenehm. Das Buch liefert einen inspirierenden Perspektivwechsel und zeigt, wie wertvoll die Kunst des Wartens sein kann, nicht nur beim Zuhören. Zu Wort kommen u.a. Hebammen, Zeitforscher, eine Supermarktchefin, ein Freizeitparkbetreiber, Bestatter, aber auch Comedians, Autoren und viele mehr. Mehr dazu auf der Webseite zum Buch ist: warteberater.de.

Unterhaltet euch

In dieser Kölner Kneipe soll man sich lieber unterhalten statt zu surfen. Daran sollte man sich auch in anderen Situationen erinnern.

„Nein! Wi-fi haben wir nicht. Unterhaltet euch“

So steht es am Eingang einer Kölner Kneipe. Ich wünschte, vor Meetingräumen stünde ein ähnliches Schild:

„Nein! Einen Beamer haben wir nicht. Unterhaltet euch“

Denn es ist doch so: Dieselben Menschen, die darüber lästern, dass die Jugendlichen nur noch auf ihre Handys starren und sich gar nicht mehr unterhalten können, starren im Meeting eine halbe Stunde auf eine Projektionsfläche und unterhalten sich gar nicht. Dabei sind Meetings dazu da, Meinungen auszutauschen, zu diskutieren, sich zu unterhalten. Meetings braucht man überhaupt nur dann, wenn es darum geht, sich in die Augen zu blicken, denn sonst könnte man es ja auch digital besprechen.

Und, wenn ich es mir so recht überlege, sollte man das Schild von der Kneipe direkt dazu stellen. Denn E-Mails schreiben und surfen während sich andere mit Ihnen unterhalten, ist auch nicht besser, als What’s-App-schreibende Jugendliche. Es ist nicht nur unhöflich, sondern ineffizient.

Aber, was rede ich. Früher war eh alles besser.

[Foto: Daniel Backhaus, mit Genehmigung]

Verwandte Artikel

30 Minuten Stille in Meetings
Erfolgreichere Meetings
Die Vertriebspräsentation

Die Vertriebspräsentation

Privat nicht anders als geschäftlich: Vor der Glotze ist es langweilig und man lernt sich nicht richtig kennen.

„Frau Schmitz, die Herren von der Brommel GmbH sind da.“
„Danke, schicken Sie sie herein und holen Sie Herrn Meyer dazu.“

„Hallo, Herr Schröder. Schön, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben.“
„Guten Tag, Frau Schmitz. Schön, Sie kennenzulernen. Darf ich vorstellen: Das ist Herr Blauwein, einer unserer Projektmanager.“
„Guten Tag, Herr Blauwein. Ah, da kommt ja auch Herr Meyer, mein Partner in der Geschäftsführung. Dann können wir ja beginnen“

Schröder: „Sehr gut. Wir haben für den Anfang ein paar Folien über uns mitgebracht, damit sie uns besser kennenlernen. Dauert nicht lange. Wollen Sie sie sehen?“
Schmitz: „Äh, mh, ja … natürlich.“
Schröder: „Gut, dann werf’ ich mal mein Laptop an.“

Schau’ mir in die Augen …

Da sitzen sich also vier erwachsene Menschen gegenüber. Und statt sich in die Augen zu blicken, haben sie nichts besseres zu tun, als eine halbe Stunde auf eine Leinwand zu starren, während einer einen Monolog hält. Natürlich dauert es immer lange – erst recht, wenn es angeblich nicht lange dauert.

Wer sich kennen lernen möchte, der starrt doch nicht auf eine Wand. So lernt man sich nicht kennen. Man erfährt höchstens, wie der andere sich selber sieht.

… und lass uns reden.

Frau Schmitz hätte sagen sollen: „Lieber nicht, lassen Sie uns unterhalten.“ Dabei kann sie Herrn Schröder und Herrn Blauwein in die Augen sehen. Sie können über Dinge reden, die wirklich wichtig sind, statt das Foto vom Firmensitz zu bewundern. Sie können schnell zum Punkt kommen, statt eine vorgefertigte Liste von Bullet Points vorzulesen. Sie können einen Stift in die Hand nehmen, um erste Ideen zu skizzieren. Und sie können viel schneller erkennen, ob sie die gleiche Sprache sprechen.

Noch besser hätte Herr Schröder gar nicht erst seine PowerPoint ausgepackt, sondern von sich aus das Gespräch angeboten. Wichtige Diagramme kann er ja als Ausdruck mitbringen. Der bleibt dann auch beim Kunden, vielleicht sogar mit ein paar Notizen, die sie während des Gesprächs gemeinsam hineingeschrieben haben.

Beamer-Präsentationen helfen bei großen Gruppen. Aber sie sind nichts für kleine Gruppen. Schauen Sie sich lieber ins Gesicht und unterhalten Sie sich. Ach ja: seine Botschaft auf den Punkt bringen und einen stimmigen roten Faden weben, das muss man natürlich trotzdem ;-)

Verwandte Artikel

Gespräche kann jeder, Präsentationen nicht
Ist der Kunde König?
Wie war der Urlaub?
Genauer Hinsehen?

Gespräche kann jeder, Präsentationen nicht

Typische Gesprächssituation

Von klein auf haben wir gelernt, wie ein Gespräch funktioniert: Einer spricht nach dem anderen. Kurze Pausen zeigen an, dass der Sprecher wechseln darf. Wenn mir etwas unklar ist, frage ich nach. Und jeder Gesprächsteilnehmer kann die Richtung des Gesprächs beeinflussen.

All das geht in einer Präsentation nicht oder nur eingeschränkt. Es gibt (im Wesentlichen) nur einen Sprecher und viele Zuhörer. Wenn ich als Zuhörer etwas nicht verstanden habe, frage ich normalerweise nicht nach, sondern versuche, es mir selbst zu erklären. Währenddessen verpasse ich aber schon die nächsten Argumente und verliere möglicherweise ganz den Faden. Ich kann auch nicht beeinflussen, worüber der Redner spricht und wie lange.

Nur der Redner ist dafür verantwortlich, dass die Präsentation trotzdem funktioniert. Deswegen ist es so wichtig, dass er in der Vorbereitung genau überlegt, was er sagen will, wie das eigentlich zu seinem Publikum passt und welchen roten Faden er spinnen muss, damit seine Zuhörer ihn nicht verlieren.

Andererseits: wenn er das gut macht, werde ich mich als Zuhörer fast so fühlen, als ob ich in einem persönlichen Gespräch mit ihm säße.

Verwandte Artikel

Wieso ich Ihre Präsentation nicht spannend finde
Neue Wege
Wie war der Urlaub?
Sind Vorlesungen überflüssig?

Spread the Word

Picture of Dr. Michael Gerharz

Dr. Michael Gerharz