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Der Moskito-Effekt

Wer lässt sich schon gerne von einem Moskito stechen? Schon der Gedanke an unangenehme Situation gibt uns ein unbequemes Gefühl.

Ein Moskito-Stich gehört nicht gerade zu den schönen Ereignissen dieser Welt. Schon das Summen der Tiere macht uns nervös.

Legen wir noch eins drauf. Wie Sie wissen, übertragen Moskitos Malaria. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie säßen in einem Vortrag über Malaria-Bekämpfung. Plötzlich öffnet der Vortragende ein Glas und lässt eine Horde Moskitos frei. Wie würden Sie sich fühlen?

Bill Gates lässt die Moskitos los

Genau das hat Bill Gates, dessen Hilfsorganisation sich u.a. um Malaria-Bekämpfung kümmert, vor ein paar Jahren in diesem Vortrag getan (ab ca. 5min):

Die Tat verfehlt Ihre Wirkung nicht. Auch nicht, als Gates verspricht, die Moskitos seien natürlich nicht mit Malaria infiziert. Als Zuschauer können Sie in diesem Moment nicht anders, als sich vorzustellen, was wäre, wenn die Tiere doch infiziert wären.

Was ist Ihr rosa Elefant?

Es ist derselbe Effekt, den ich durch folgende Frage erzeuge: „Denken Sie jetzt bitte an alles, nur nicht an rosa Elefanten.“ Man kann eben nicht „nicht“ denken. Das Publikum denkt automatisch an die verneinte Situation.

Und deshalb können Sie mit dieser Methode Ihr Publikum auch unangenehme Situationen spüren lassen, ohne Sie tatsächlich in diese Situation zu bringen. So wie Gates sein Publikum für Malaria sensibilisiert hat, ohne Sie Malaria-infizierten Moskitos auszusetzen:

„Es gibt keinen Grund, warum nur arme Menschen diese Erfahrung haben sollten.“ – Bill Gates

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Wer hat Lord Smithe ermordet?

Eine Tragödie hat sich ereignet: Lord Smithe wurde ermordet. Gelingt es Ihnen, in zwei Minuten herauszufinden, wer der Mörder ist?

(Es lohnt sich, das Video gesehen zu haben, bevor Sie weiterlesen).

Wenn Sie die Veränderungen nicht bemerkt haben, dann sind Sie in bester Gesellschaft, denn der Großteil Ihrer Mitmenschen kann das ebensowenig. Die Werbung von London-Transport nutzt eine menschliche Eigenschaft aus, die man in der Wissenschaft Veränderungsblindheit nennt: Wenn wir unsere Aufmerksamkeit gezielt auf einen bestimmten Aspekt lenken, dann nehmen wir alle anderen Aspekte einer Szene nur noch äußerst eingeschränkt war – und bemerken daher auch deren Veränderung nicht.

Hintergrund: Die Sache mit der Tür

Einen eindrucksvollen wissenschaftlichen Nachweis für dieses Phänomen haben die beiden Forscher Daniel Simons und Daniel Levin von der University of Illionois erbracht. Sie testeten die Aufmerksamkeit von Passanten auf der Straße, indem sie einen Schauspieler baten, mit einer Karte in der Hand ahnungslose Passanten nach dem Weg zu fragen. Noch während der Erklärung kreuzten zwei Arbeiter, die eine Tür trugen, den Weg – genau zwischen Passant und Schauspieler. Der Clou: während die Tür dem Passanten die Sicht versperrte, wurde die erste Person nicht sichtbar für den Passanten ausgetauscht.

Das interessante Ergebnis: Etwa 50% der Teilnehmer bemerkten den Wechsel nicht; und zwar unabhängig davon, ob die zweite Person anders gekleidet war. Selbst einen Wechsel des Geschlechts bemerkten viele Teilnehmer nicht.

Wir sehen immer aktiv

Was wir wahrnehmen, hängt offenbar wesentlich davon ab, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Obwohl wir vielleicht subjektiv den Eindruck haben, stets ein vollständiges Bild der Realität um uns herum passiv aufzunehmen, können wir in Wahrheit nur einen winzigen Ausschnitt bewusst wahrnehmen, eben denjenigen, auf den wir gerade aktiv unsere Aufmerksamkeit lenken.

Übrigens nutzen das auch Magier immer wieder aus, um uns hereinzulegen. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit z.B. mit Handbewegungen gezielt ab, so dass eine bestimmte Veränderung, die den eigentlichen Trick ausmacht, unserer Aufmerksamkeit verborgen bleibt.

Eine Präsentation ist keine Zauberei

Für Ihre Präsentation sollten Sie aber gerade den umgekehrten Schluss ziehen. Denn Ihre Aufgabe ist es in aller Regel nicht, die Aufmerksamkeit der Zuhörer abzulenken, sondern gezielt so zu lenken, dass Sie Ihre Ideen optimal verstehen. Überprüfen Sie vor Ihrer nächsten Präsentation vielleicht noch einmal, ob Ihre Folien (oder auch Ihre Ausführungen) Bestandteile enthalten, die Ihre Zuhörer ablenken. Unnötig komplizierte Diagramme, überflüssig lange Texte oder viel zu ausführliche Tabellen gehören auf den Prüfstand. Erwarten Sie auch nicht unbedingt, dass Ihre Zuhörer jede kleinste Detailinformation aktiv verinnerlicht haben, nur weil Sie sie in einem Nebensatz erwähnt oder in der Ecke einer Folie versteckt gezeigt haben.

Eine Präsentation ist weder Zauberei noch Detektivarbeit. Sie hat nicht das Ziel zu verschleiern, sondern eine Idee so klar wie möglich in die Köpfe der Zuhörer zu bringen. 

Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien

Jahresbudgets sind eine praktische Sache. Sie fördern Eigenverantwortung, bringen das Geld dahin, wo es benötigt wird und bedarfsgerecht ausgegeben werden kann und geben allen Beteiligten Planungssicherheit. Nur: Sparsamkeit fördern sie nicht. Budgets neigen dazu, ausgegeben zu werden. Wer am Ende des Jahres noch Geld übrig hat, sorgt schleunigst dafür, es auch noch rechtzeitig auszugeben – die Furcht, im nächsten Jahr weniger zu bekommen, steckt allen im Nacken. Wer ein Budget hat, gibt also statt maximal eher mindestens so viel Geld aus wie erlaubt, und so wird aus einer Maximalregel eher eine sinnentstellte Minimalregel.

Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien ist auch so eine sinnentstellte Regel. Was vielleicht einmal gedacht war, um das allerschlimmste zu verhindern, nämlich von oben bis unten mit ganzen Sätzen voll geschrieben Folien, hat sich mittlerweile verselbständigt und findet sich in unzähligen Präsentationsratgebern als sinnvolles Maß für die Textmenge auf Folien. Aus einer Maximalempfehlung ist auf diese Weise eine sinnentstellte Minimalregel geworden:

Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien: Häufig empfohlene Regel für übersichtliche Folien: Immer nur ein Gedanke pro Folie, Sieben Punkte/Folie, sieben Wörter/Zeile. Diese Folie folgt der 1-7-7-Regel. Haben Sie schon einmal einen Vortrag gehört, der aus solchen Folien bestand? Wie fanden Sie denn das?

Das Problem: diese Regel ist schlicht unbrauchbar und in den meisten Fällen ein schlechter Rat. Der Präsentationsexperte Andrew Abela bezeichnet in seinem Buch Folien mit sieben Zeilen à sieben Wörtern gar als „die schlimmstmöglichen Folien“. Aber wo kommt diese Regel eigentlich her? Vermutlich geht sie zurück auf die Fehlinterpretation einer wissenschaftlichen Veröffentlichung des Psychologen George Miller aus dem Jahr 1956: The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information. In dieser Studie zeigte Miller, dass es anscheinend eine Grenze von ca. 7 (±2) Elementen gibt, die unser Arbeitsgedächtnis aufnehmen kann, z.B. sieben Ziffern, Wörter usw. (mittlerweile gibt es hierzu detailliertere Untersuchungen).

Wie auch bei Mehrabians Körpersprache-Studie beruht jedoch auch hier die Übertragung der Studienergebnisse auf Präsentationen auf einem grandiosen Missverständnis. Millers Regel sagt – wie der Autor selbst schreibt – nichts, wirklich gar nichts aus „über die Fähigkeit einer Person, gedruckte Texte zu verstehen.“ Der bekannte amerikanische Informationsforscher Edward Tufte bringt das so auf den Punkt:

Millers Regel sagt nichts über die Menge an Informationen aus, die in einer Präsentation gezeigt werden sollen (solange die Folien nicht aus nonsense-Silben bestehen, die das Publikum sich merken und einem Psychologen aufsagen soll).

So weit so gut. Aber dass Millers Erkenntnisse nicht auf Präsentationen übertragbar sind, bedeutet ja noch nicht, dass die 1-7-7-Regel nicht vielleicht doch sinnvoll sein könnte.

Ist sie aber nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: Der Mensch ist nicht besonders gut im Multitasking. Zwar können wir unterschiedliche Tätigkeiten gut parallel ausführen, z.B. können wir uns unterhalten, während wir spazieren gehen. Wir können auch Bilder betrachten und gleichzeitig einem Text zuhören, z.B. wenn wir einen Film ansehen. Diese Tätigkeiten benutzen aber jeweils unterschiedliche Kanäle in unserem Gehirn. Wir können aber nicht zwei Tätigkeiten in demselben Kanal gleichzeitig durchführen. Und genau das ist gefordert, wenn auf Folien viel Text steht. Das Publikum muss dann dem Vortragenden zuhören und gleichzeitig die Texte lesen, also zwei Tätigkeiten durchführen, die denselben Kanal verwenden.

Pasted Graphic

Der Biologe John Medina setzt in seinem Buch Brain Rules noch eins drauf: Menschen sind offenbar nicht in der Lage, überhaupt ihre Aufmerksamkeit verschiendenen Dingen gleichzeitig zuzuwenden. D.h. wenn wir Dinge gleichzeitig tun, dann tun wir nur eines davon bewusst, die anderen unbewusst. Medina bringt das auf den Punkt:

Um es ganz offen zu sagen: Die Wissenschaft zeigt, dass wir nicht multitaskingfähig sind. Wir sind biologisch unfähig, mehrere aufmerksamkeits-intensive Einflüsse gleichzeitig zu bearbeiten.

Das wichtigste Argument, das häufig für die 1-7-7-Regel genannt wird, nämlich dass die Stichpunkte eine prägnante Betonung der wichtigsten Inhalte einer Präsentation darstellen, ist damit völlig wertlos, weil das Publikum sie gar nicht angemessen verarbeiten kann. Das bedeutet dann wohl im Umkehrschluss, dass die einzige Möglichkeit, 1-7-7-Folien überhaupt sinnvoll einzusetzen, darin besteht, sie vorzulesen. Wer aber so etwas schon einmal erlebt hat, der wird sich mit ziemlicher Sicherheit an dieses Gefühl erinnern:

langweilig - über die 1-7-7-Regel eingeschlafen

Der Mehrabian-Mythos und die wirkliche Bedeutung der Körpersprache

Sicher kennen Sie die bekannte Regel, dass nur 7% der Wirkung eines Vortrags auf den Inhalt zurückzuführen sei, 38% dagegen auf die verbalen Signale und sogar 55% auf die Körpersprache. Diese Regel wird häufig zitiert als 7-38-55-Regel. Sie ist in dieser Auslegung schlicht falsch, eine wissenschaftlich unzulässige Verallgemeinerung. Warum?

Die Regel geht zurück auf Experimente des Psychologen Dr. Albert Mehrabian aus dem Jahr 1971. Was aber wurde in diesen Experimenten genau gemessen?

Mehrabian wollte herausfinden, inwieweit es möglich ist, anhand der Stimme und der Körpersprache zu erkennen, ob der Sprecher etwas “mag” oder “nicht mag”. Besonders interessierte ihn, ob man anhand der Stimme oder Körpersprache erkennen kann, dass der Sprecher in dieser Hinsicht “lügt”, also etwas “mag”, obwohl er sagt, er möge es nicht, und umgekehrt.

Tatsächlich fand er heraus, dass wir uns gerade in solch “inkongruenten” Situationen mehr auf stimmliche und körpersprachliche Signale verlassen, als auf den Inhalt des gesprochenen Wortes. Wir merken offenbar instinktiv, wenn jemand nicht ganz ehrlich in seiner Meinungsäußerung ist.

Was bedeutet das nun für Ihre Präsentationen? Solange Sie nicht über Ihre Gefühle oder Ihre Meinung zu einem Thema sprechen, ist die 7-38-55-Regel schlicht nicht anwendbar. Sie bezieht sich nur auf Gefühls- und Meinungsäußerungen.
Links zu diesem Artikel
Sprechen Sie flüssig oder, äh, verständlich?
Wikipedia-Artikel zur 7-38-55-Regel (engl.)
Homepage von Dr. Albert Mehrabian (engl.)

Wie ein toter Schmetterling einen dicken Hasen zu Rambo macht

Big Buck Bunny - Hase bewundert Schmetterling

Es ist ein herrlicher Sonnentag. Ein etwas zu dick geratener Hase genießt den idyllischen Morgen und erfreut sich an dem Flügelschlag eines wunderschönen Schmetterlings. Der Schmetterling tanzt und wiegt sich in den warmen Sonnenstrahlen mit entzückender Leichtigkeit, bis … er von einem herunterfallenden Apfel erschlagen wird.

Big Buck Bunny - Hase als Rambo

So beginnt der Animationsfilm Big Buck Bunny, der als öffentliches Gemeinschaftsprojekt im Internet entstanden ist. Was folgt ist ein zehnminütiges Animationsfeuerwerk, auf dessen Höhepunkt der dicke Hase als Rambo drei fiese Querulanten das Fürchten lehrt. Der Film lebt wie viele Animationsfilme von überraschenden Wendungen und unvorhergesehenen Ereignissen.

Was die Macher von Animationsfilmen instinktiv im Auftrag der Komik tun, ist auch für Präsentationen eine wirkungsvolle Strategie. Überraschungen unterstützen die Einprägsamkeit einer Botschaft, denn unser Gehirn ist darauf programmiert, auf neue Ereignisse besonders zu reagieren.

Bekannte Situationen dringen häufig gar nicht in unser Bewusstsein: können Sie sich z.B. noch daran erinnern, was Ihnen heute morgen auf dem Weg zur Arbeit alles begegnet ist? Vielleicht ein bisschen. Und was war gestern? Oder gar letzte Woche?

Big Buck Bunny - Hase auf der Flucht

Wären Sie allerdings von einem dicken menschengroßen Hasen im Galopp überholt worden, könnten Sie sich mit Sicherheit daran erinnern – und zwar nicht nur heute, sondern auch noch in vielen Wochen. Interessant dabei ist, dass Sie sich nicht nur an den galoppierenden Hasen erinnern würden, sondern höchstwahrscheinlich auch noch an die begleitenden Umstände, z.B. wie das Wetter war.

Gehirn

Daniela Fenker und Hartmut Schütze von der Universität Magdeburg erläutern in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Gehirn-und-Geist, woran das liegt. Vereinfacht gesagt veranlasst der Hippocampus, das ist gewissermaßen der „Neuheitsdetektor“ des Gehirns, die vermehrte Ausschüttung von Dopamin. Das wiederum erleichtert das langfristige Abspeichern von Informationen im Gedächtnis, weil es die Verbindung zwischen den beteiligten Synapsen verstärkt. Durch Überraschungen wird das Gedächtnis also sprichwörtlich gedopt.

Für alle Lehrenden haben die beiden Autoren denn auch einen Rat parat: Besprechen Sie den neuen Stoff zuerst und wiederholen Sie erst danach den alten.

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Dr. Michael Gerharz

Dr. Michael Gerharz