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Diesmal kannst du mir wirklich glauben

Lucy zieht Charlie Brown den Football weg

Und wieder reingelegt. Armer Charlie Brown. Dabei klang es diesmal so glaubwürdig. Dieses Mal würde Lucy den Ball bestimmt nicht wegziehen…

Die Moral von der Geschichte? “So oft du auch hinfällst, steh’ wieder auf und verliere den Glauben in die Menschen nicht.” Oder doch eher anders herum? “So oft du jemanden schon auf’s Kreuz gelegt hast, versuch’s wieder und streng dich beim nächsten Mal noch mehr an, damit er dir auch diesmal glaubt.”

Irgendwie muss ich bei der Werbeflut der Ergo-Versicherung, die im Augenblick Deutschland überrollt, an diese ständig wiederkehrende Szene der Peanuts denken.

Eines der Ergo-Werbeplakate

Die Werbung trifft genau auf den Punkt, was viele Menschen an ihren Versicherungen stört. Die eindeutige Botschaft lautet: “Wir haben verstanden.” Auch die Menschen wirken sympathisch. Keine Frage, die Werbung ist wirklich gut gemacht (sieht man einmal davon ab, dass mindestens einer der Werbespots zumindest, wie soll ich sagen, stark inspiriert von dem Film “High Fidelity” ist). Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass der nächste Termin mit einem Ergo-Versicherungsvertreter sich nicht wesentlich unterscheidet von fast allen anderen Versicherungsterminen.

Je besser Werbung ist, desto gefährlicher ist sie

Nicht, dass ich die selbstgesteckten Ziele der Ergo-Versicherung nicht für erstrebenswert hielte. Wie sagt man so schön: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Allein der Glaube fehlt. Und das ist das Dilemma gut gemachter Werbung, die auf Verkauf statt auf Information setzt: Je besser sie ist, desto gefährlicher ist sie. Denn jedes Mal, bei dem wir am Ende vielleicht doch enttäuscht sind, fühlen wir uns ein bisschen mehr wie Charlie Brown und empfinden wir den Werbenden ein bisschen mehr als Lucy.

Gut gemachte Präsentationen sind da keine Ausnahme. Es gibt zahlreiche Tricks, mit denen Sie einen “Wow-Effekt” erzeugen, und Methoden, mit denen Sie an die Emotionen und Bedürfnisse ihrer Zuhörer appelieren können. Natürlich können Sie das Bild, dass andere von Ihnen haben, beliebig weit von der Wirklichkeit abtrennen. Doch letztlich stellt sich immer die Frage: Wollen Sie einfangen oder überzeugen?

Letzteres setzt immer Ehrlichkeit voraus. Versprechen sollte ich nur, was ich auch halten kann, denn nur so kann langfristig Vertrauen entstehen. Wäre schön, wenn Ergo hier ehrlich ist, und wenn Versicherungen, die ja in den Ergo-Spots auch allgemein angesprochen werden, sich davon inspirieren lassen.

Übrigens: Dass es wirklich möglich ist, juristische Texte und Anträge verständlich zu schreiben und Klartext zu reden, belegt Alan Siegel in seinem Vortrag auf der diesjährigen TED-Konferenz eindrucksvoll an Beispielen.

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Im Einsatz geht es heiß her

Wenn der Alarm geht, muss alles ganz schnell gehen. Acht Minuten haben Sie im Schnitt, um am Einsatzort zu sein. Da bleibt wenig Zeit zum Nachdenken, jeder Handgriff muss sitzen. In Windeseile haben Sie Helm und Ausrüstung angelegt und dann sitzen Sie auch schon im Fahrzeug. Noch unterwegs bekommen Sie erste Informationen zum Schadensausmaß: Eine Fabrikhalle brennt. Vermutlich sind alle Arbeiter schon draußen, doch das ist nicht sicher, jemand muss also rein in die brennende Halle …

Natürlich wissen Sie, dass Sie auf Ihrem anstehenden Vortrag diese angespannte Atmosphäre mit Bildern gut transportieren können. Sie suchen also Einsatzbilder, vielleicht haben Sie sogar selbst ein paar von einer Übung auf Ihrer Festplatte. Also basteln Sie Ihre Folie …

Zu viele zu kleine Bilder, ablenkende Texte

… und wundern sich, warum die Atmosphäre nicht so rübergekommen ist, wie Sie es sich erhofft hatten.

Zu viel des Guten

Sie wollten ganz auf Nummer sicher gehen, haben also gleich fünf Bilder ausgewählt, die Ihre Aussage unterstützen sollen. Und um Ihre Aussagen wirklich klar zu machen, haben Sie auch noch Ihre wichtigsten Punkte auf die Folie geschrieben.

Problem 1: Jedes einzelne Bild wird in seiner Wirkung geschwächt. Die Zuhörer müssen fünf Bilder verarbeiten, allesamt so klein, dass man erst einmal genauer hinschauen muss (und dabei nicht zuhören kann). Die viel zu kleinen Bilder werden durch den schrillen gelben Kasten in den Hintergrund gedrängt und keines kann seine Atmosphäre wirklich entfalten.

Problem 2: Die Erzählung rückt in den Hintergrund, weil die Zuhörer durch die vielen Stichpunkte und die vielen Bilder abgelenkt werden, die Sie erst einmal betrachten und verstehen müssen.

Problem 3: Die Folie ist nüchtern rational anstatt emotional, weil sie faktenbasiert ist. Sie spricht von dem “durchschnittlichen Ereignis” und zählt auf anstatt von einem konkreten Erlebnis zu erzählen.

Weniger ist mehr

Warum trauen Sie Ihrer eigenen Begeisterung so wenig über den Weg? Lassen Sie die Bilder richtig wirken, indem Sie Ihnen den nötigen Raum dazu geben und alles überflüssige von der Folie entfernen.

Bilder brauchen Raum zum Wirken

Fesseln Sie dann die Zuhörer durch Ihre Erzählung, genau so, wie Sie sie Ihrem besten Freund erzählen würden. Wenn Sie dann die Zuhörer erreicht haben, können Sie Ihre Fakten in angemessener Kürze immer noch loswerden.

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Wenn die Ideen sprudeln

Sie starten also mit der Vortragsvorbereitung. Natürlich beginnen Sie nicht sofort in PowerPoint, sondern überlegen sich erst einmal auf dem Papier, was Sie alles sagen könnten. Sie sammeln also. Irgendwo haben Sie gelernt, dass das mit einer Mindmap ganz gut funktioniert.

Schnell wird die Mindmap größer, denn Ihre Ideen sprudeln. Eine Idee ergibt die nächste. Das Beispiel Ihres Kollegen wäre nützlich. Ja, und gestern haben Sie noch in der Zeitung über diese neue Studie gelesen. Am besten erzählen Sie auch noch etwas über die Umwelteigenschaften. Ach ja, das hat ja auch Auswirkungen auf … Und immer so weiter.

Ideen sprudeln unkontrolliert

Ihre Mindmap wächst und wächst … und wächst und … und auf einmal fragen Sie sich, wohin eigentlich. Gehören die Nutzerprofile jetzt auch noch in den Vortrag oder ist das eher unwichtig? Wie weit sollen Sie denn bei der chemischen Stoffzusammensetzung ins Detail gehen? Sollen Sie die Ideen zum Product Placement auch noch weiter ausbreiten?

Und dann schauen Sie sich Ihre Mindmap noch einmal an und stellen fest, dass Sie kreuz und quer und mindestens dreimal im Kreis gegangen sind; dass Sie eigentlich gar nicht so genau wissen, wo Ihr Ziel ist, welche Wege Sie gehen müssen und welche nicht.

Kann es vielleicht sein, dass Sie Ihr Thema noch nicht richtig auf den Punkt gebracht haben? Solange Sie einfach vage über “Ihr Thema” sprechen, laufen Sie Gefahr, sich zu verlaufen, vom Hölzchen auf’s Stöckchen zu kommen, höchstens zufällig genau die richtigen Informationen zu liefern. Wenn Sie sich aber überlegen, für wen Sie Ihren Vortrag halten, und was die Zuhörer eigentlich erfahren wollen, können Sie ihnen genau die Informationen geben, die sie brauchen.

Irgendwann in der letzten Woche klingelte mein Telefon wegen genau dieses Problems. Jemand wollte einen Vortrag zum Thema “Energieverbrauch” halten. Er konnte sein Thema einfach nicht eingrenzen, glitt in immer weitere Abzweigungen und Feinheiten ab. Erst als er sein Thema für seine Zielgruppe auf den Punkt gebracht hatte – “Ökologisch Renovieren – 10 Tipps zum Wohlfühlen und Sparen” – sprudelte er kontrolliert und sprintete in die richtige Richtung. Das Thema war konkret und greifbar geworden.

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Wachrütteln ohne zu schocken

“Fast Sterben hat noch nie etwas verändert … Nur der Tod ändert alles.” Dieses Zitat von Dr. House aus der gleichnamigen TV-Serie bringt das Dilemma all derjenigen auf den Punkt, die Leben verändern möchten, ihr eigenes oder das anderer Menschen. House sagt es zu seiner Assistentin, die seit Kurzem weiß, dass sie genetisch bedingt an der tödlichen Huntington-Krankheit sterben wird. Er sagt es, um ihr zu erklären, was sie nicht verstehen kann: wieso eine ihrer Patientinnen zurück in ihre (bedeutungslose) Rolle als Assistentin schlüpft, anstatt selbst nach einer Führungsposition zu streben, wofür sie sich eigentlich im Angesicht ihres (anschließend verhinderten) Todes bereits entschieden hatte.

Es ist das gleiche Dilemma, in dem Verkehrssicherheits-, Antiraucher- und ganz allgemein Gesundheitskampagnen stecken. Wie überzeugt man jemanden, der eigentlich schon alle guten Gründen gegen sein Verhalten kennt, davon, sein Leben endlich doch zu ändern? Oft setzen entsprechende Kampagnen auf drastische Motive, nicht selten verpackt in einen emotionalen oder satirischen Kontext.

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Einen anderen Ansatz wählt die britische Grafschaft Sussex. Wachrütteln ohne zu Schocken lautet das Motto der grandiosen Embrace-Life-Kampagne:

Wirkungsvoll wird die Kampagne gerade durch das, was man nicht sieht. Sie betont – im Gegensatz zu vielen, vielen anderen Kampagnen – ausrücklich das Positive (“Embrace Life”) und eben nicht das Negative. Sie sagt nicht: “Wenn du das nicht lässt, dann wirst du krank/tot/einsam sein.” sondern rät: “Tu’ es für (d)ein schönes Leben.”

Der konkrete Erfolg solcher Kampagnen ist schwer messbar und sicher funktioniert nicht jede Kampagne für jede Zielgruppe gleich gut. Die Brüder Dan und Chip Heath fassen in ihrem Buch Was bleibt ein paar Empfehlungen zusammen, wie emotionale Botschaften bei der Überzeugungsarbeit helfen, von denen sich viele Tipps in der Embrace-Life-Kampagne wiederfinden: “Wie bringen wir andere dazu, dass sie sich von unseren Ideen angesprochen fühlen? Wir zwingen sie, ihre analytische Haltung abzulegen [“Helft Rasern. Spendet Hirn”-Plakat]. Wir schaffen Empathie für bestimmte Personen [“Runter vom Gas”-Plakat]. Wir zeigen, dass unsere Ideen mit etwas verknüpft sind, das den Menschen bereits am Herzen liegt. Wir sprechen ihr Eigeninteresse, aber auch ihre Identität an – und zwar nicht nur die Menschen, die sie gerade sind, sondern auch die, die sie gerne wären [“Raser sind so cool”-Plakat].”

Vielleicht der beeindruckendste Vortrag, den ich bisher zum Thema Motivation gesehen habe, stammt von Alan Sim, Sicherheitsbeauftragter bei Woodside, Australiens größter Ölgesellschaft. Sie können ihn entweder hier oder hier herunterladen (leider nicht auf YouTube verfügbar). Wenn Sie die 12 Minuten nicht investieren, verpassen Sie einen der eindringlichsten und emotionalsten Apelle an das Gewissen, den ich kenne. Sie werden anschließend (hoffentlich) nie mehr versuchen, jemanden mit Hilfe einer PowerPoint-BulletPoint-Regelliste zu überzeugen, Vorschriften einzuhalten.

[via Before&After Design Talk und Slides that Stick]

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Wissen nützt auch nicht (immer)

In meiner Schulzeit hatte ich einen Klassenkameraden, der sich mit äußerster Sorgfalt auf jede Klausur vorbereitete und dafür ganze Bücherberge wälzte. Ich kann mich an eine Klausur in Sozialwissenschaften erinnern, für die er nicht weniger als 10 Fachbücher zum Thema gelesen hatte. Wir Mitschüler staunten teils befremdet, teils ehrfürchtig. Es gab wohl nichts, was er zu diesem Thema nicht gewusst hätte.

Dartpfeile gehen am Ziel vorbei

Das Ergebnis seiner Klausur: mangelhaft, weil Thema verfehlt. Seine Bestürzung sehe ich noch heute vor Augen, doch der Lehrer erklärte ihm in aller Ruhe, warum es keine angemessene Bearbeitung der gestellten Aufgabe sei, einfach alles aufzuschreiben, was man über ein Thema wisse.

Mein Mitschüler hatte es versäumt, die Aufgabenstellung sorgfältig zu lesen und aus seinem gesammelten Wissen die relevanten Informationen herauszufiltern, auf die konkrete Fragestellung anzuwenden und nachvollziehbar aufzuschreiben. Irgendwo in seinen Ausführungen war sicher die richtige Antwort verborgen, doch es war nicht Aufgabe des Lehrers, sie zu suchen, sondern Aufgabe des Schülers, zu zeigen, dass er abstraktes Wissen in einem konkreten Kontext anwenden kann.

Auf gleiche Weise ist es nicht die Aufgabe Ihrer Zuhörer, in Ihrer Präsentation eine Botschaft oder eine Kernaussage zu suchen. Es ist im Gegenteil gerade Ihre wichtigste Aufgabe, Ihr gesammeltes Expertenwissen so einfach und verständlich wie möglich, und damit auch so knapp wie möglich, aufzubereiten, damit Ihre Botschaft glasklar hervortritt. 

Sie macht alles richtig und tut doch das Falsche

Filmplakat zu

Gefeuert zu werden gehört für die meisten Menschen zu den unangenehmsten Erfahrungen im Leben. Umgekehrt gehört für die meisten Chefs das Feuern eines Mitarbeiters auch nicht gerade zu den angenehmsten Aufgaben. Deswegen gibt es Beratungsfirmen, die sich auf Kündigungsgespräche im Kundenauftrag spezialisieren. Der spannende Film Up in the Air (Trailer) handelt (zumindest vordergründig) von solch einer Firma. An einer Stelle im Film nimmt eine Präsentation eine wichtige Rolle ein:

Natalie kommt frisch vom College und heuert als Jahrgangsbeste bei einer Beratungsfirma für Kündigungen an. Sie ist intelligent, eloquent und dabei mutig genug, ihrem neuen Chef, Craig, direkt am ersten Tag vorzurechnen, dass sein bisheriges Geschäftsmodell eine Sackgasse ist. Craig ist zunächst irritiert, dann begeistert und fordert Natalie auf, allen betroffenen Außendienstmitarbeitern ihre Vision zu erläutern. Das tut sie mit einer PowerPoint-Präsentation, die hervorragend gemacht ist – und dennoch nicht alle überzeugt.

Die Präsentation

Natalie beginnt: “Wenn Sie auch nur ein Wort aus meinem Vortrag mitnehmen, dann dieses:”

Natalies überraschender Einstieg mit dem Kunstwort

Nach einer Kunstpause, in der sie die Überraschung über dieses Kunstwort wirken lässt, spricht sie es deutlich aus: “GLOCAL – Aus global machen wir in Zukunft lokal.”

Die Erklärung:

“Diese Firma schickt 23 Mitarbeiter in den Außendienst, an mindestens 250 Tagen im Jahr. Das ist teuer und ineffizient.”

23 Außendienstmitarbeiter ……überall im Land unterwegs.

“Als ich vor drei Monaten Craig darauf hingewiesen habe, antwortete er mit einem Zwinkern: ’Das ist nur dann ein Problem, wenn Sie eine Lösung dafür haben.’

Nun, heute kann ich genau so eine Lösung präsentieren.”

Vorführung der neuen Software

Sie führt dann eine Software vor, mit der die Außendienstmitarbeiter in Zukunft ihre Gespräche (das Feuern von Angestellten!) per Video-Konferenz durchführen können, anstatt persönlich zu den Kundenunternehmen zu fliegen.

Wie aus dem Lehrbuch

Natalies Chef ist von ihrem Vortrag begeistert und setzt ihre Ideen sofort in die Tat um. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Präsentation handwerklich absolut überzeugt. Die Folien sind sparsam und nicht überladen mit den üblichen Aufzählungsfluten. So kann sie die Aufmerksamkeit ganz auf sich und ihren spannenden roten Faden lenken. Ihre Visualisierungen sind treffend und sofort verständlich und unterstützen die wesentlichen Punkte sehr gut.

Auch inhaltlich entwickelt sie die Präsentation lehrbuchmäßig, sie scheint die Empfehlungen aus dem Buch Made-To-Stick geradezu aufgesogen zu haben. Sie beginnt mit einem überraschenden Einstieg, dessen Wirkung sie sofort verstärkt, indem sie eine einleuchtende Erklärung für das Kunstwort “glocal” nachliefert. Schon desöfteren habe ich hierzu Robert Cialdini zitiert: “Ein Aha-Effekt ist umso befriedigender, wenn ihm ein Häh-Effekt vorausgeht.”

Sie verwendet eine einfache Sprache und sagt nicht etwa “Wir müssen die Travel-Income-Ratio optimieren”. Ihre Ausführungen sind sehr konkret. Sie spricht nicht über Visionen, sagt nicht “Wir müssten” oder “Man könnte”, sondern erläutert ganz gezielt ein konkretes Problem, für das sie eine ganz konkrete Lösung in Form der Live-Vorführung präsentiert. Auch auf eine emotionale Ansprache legt sie Wert, indem sie mit ihrem Schlusswort an die Gefühle der Außendienstmitarbeiter appelliert, die in Zukunft Weihnachten endlich wieder zu Hause verbringen können.

Das Problem

So hat Natalie ihren Chef begeistert, aber ein wichtiges Ziel dennoch nicht erreicht: die Außendienstmitarbeiter, stellvertretend handelnd durch Hauptdarsteller George Clooney, zu überzeugen. Der wesentliche Grund: sie liefert zwar, wie vom Chef gefordert, eine Lösung, aber für ein Problem, dass es letztlich in dieser Form gar nicht gibt. Daher trifft sie mit ihrem emotionalen Appell an “Weihnachten zu Hause” auch daneben und verfehlt am Ende genau das, was sie als “blutige Anfängerin” am dringendsten braucht: Glaubwürdigkeit.

Das weist Clooney ihr im Anschluss eindrucksvoll nach, indem er ihr zeigt, wie wenig sie tatsächlich von seiner Branche versteht. Letztlich hat sie eben genau eine der Made-To-Stick-Regeln nicht sorgfältig verinnerlicht – und das ist in ihrem Fall die wichtigste: Ideen überzeugen, wenn sie glaubwürdig sind. Glaubwürdigkeit muss Natalie als Anfängerin aber ganz besonders nachweisen. Eine nette Präsentation und eine einstudierte Software-Vorführung sind noch kein Beleg für Kompetenz.

Die radikale Idee wird dennoch umgesetzt und liefert den Hintergrund für einen wirklich spannenden Film, in dem das Leben der Hauptdarsteller gehörig durcheinandergewirbelt wird. Das möchte ich hier nicht alles vorwegnehmen. Manchmal muss man offenbar erst entschieden in die falsche Richtung gehen, bevor man den richtigen Weg erkennt oder zu schätzen lernt. Zur Umsetzung einer Problemlösung ist eine lehrbuchmäßige Präsentation, bei der man fast alles richtig macht, sicher hilfreich. Ob man damit allerdings das Richtige tut, beantwortet das Lehrbuch nicht. 

Dr. Kerstin Hoffmann: Verständlich kommt von Verstand

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Wenn ich zum Doktor gehe, dann rechne ich bereits damit, viele Fachbegriffe erst einmal nicht zu verstehen. Wenn ich allerdings den PR-Doktor auf seinem Blog besuche, dann ist das anders. Kompetent und verständlich schreibt hier Dr. Kerstin Hoffmann über Werbung, PR und Sprache.

Kerstin Hoffmann ist Kommunikationsberaterin und Text-Expertin und sorgt dafür, dass die Botschaften ihrer Kunden bei deren Kunden ankommen. Ihr Wissen teilt sie oft und gerne mit anderen und so finden sich auf ihrer Webseite u.a. ein Leitfaden für gute Werbetexte und das Handbuch Kundennutzen, wozu auch ich einen Artikel beigesteuert habe.

Ich habe die promovierte Germanistin und gelernte Journalistin gebeten, uns in verständlichen Worten zu erklären, wie man Anspruchsvolles in verständlichen Worten erklärt.
Verständlich kommt von Verstand: Wie Sie Anspruchsvolles lesbar verpacken Es ist erstaunlich: Manche Menschen sprechen im Alltag flüssig, verständlich und fesselnd. Sie können mit einfachen Worten zusammenfassen, was sie tun. Sie überzeugen mit prägnanten Formulierungen und sympathischem Wortwitz. Doch sobald sie schriftlich werden, verfallen sie in Nominalstil und erzeugen Wort-Dickichte, die man mit der Machete kaum durchdringen könnte.

Da werden „Umstellungen realisiert“ statt einfach etwas „umzustellen“. Da findet man einen “Antrag, die Bemessung der Absetzung für Abnutzung vorzunehmen” oder den “Zeitpunkt der Optionserklärung auf Berücksichtigung der fiktiven Anschaffungskosten”.

Fast noch erstaunlicher sind jedoch die Begründungen für solche Texte. Schlage ich vor, sie zu vereinfachen und Satz-Bandwürmer in einfache Substantiv-Verb-Konstruktionen aufzulösen, höre ich oft: „Unsere Leser sind anspruchsvolle Fachleute. Die erwarten auch eine anspruchsvolle Sprache.“ Das aber ist schlicht falsch.

Kompliziert ist nicht anspruchsvoll

Was leicht zu lesen ist, braucht ja deswegen nicht inhaltlich schlicht zu sein. Kompliziert ist nicht anspruchsvoll. Auch intelligente, gebildete Fachleute haben nur ein begrenztes Maß an Zeit und Geduld, sich durch kompliziert Verschachteltes oder langweilig Aufgereihtes hindurchzuarbeiten. Der perfekte Text ist genau so fachlich, wie die Zielgruppe es verstehen kann – und so leicht zu lesen, dass keine Aufmerksamkeit verbraucht wird, um Bezüge und Zusammenhänge zu entschlüsseln.

Natürlich hängen Textform und Sprache sehr stark von der Textgattung und vom Inhalt ab. Ein Werbetext kommt anders daher als eine Betriebsanleitung. Eine Doktorarbeit ist nicht geschrieben wie ein Kinderbuch. Mit allzu schlichten, kurzen Sätzen ist nicht jedem geholfen. Form, Inhalt und Vokabular sollten sich vor allem an den Lesern orientieren.

Texten wie am Mischpult

Schon in den 1970-er Jahren beschrieben Langer, Schulz von Thun und Tausch in ihrem Klassiker „Sich verständlich ausdrücken“, welche Faktoren für den Erfolg eines Textes beim Leser entscheiden. Ihr Modell ist auch heute noch überraschend modern und universell einsetzbar. Wie an einem Mischpult kann man nach diesem Modell die Parameter verschieben. So geht zum Beispiel eine allzu knappe Ausdrucksweise zu Lasten des Unterhaltungswert. Unter allzu viel abschweifendem Entertainment dagegen leiden die Prägnanz ebenso wie die Ordnung.

Gute Texte

Folgende Merkmale guter Texte habe ich vor einiger Zeit definiert. Gute Texte sind …

  • interessant. Sie machen den Leser neugierig und halten ihn im Lesefluss – bis zum Schluss.
  • nützlich. Der Leser erkennt seinen Nutzen auf den ersten Blick. (Das gilt auch für wissenschaftliche und rein informative Texte!)
  • überraschend. Sie verzichten auf Floskeln und formulieren frisch und neu.
  • verbal. Nominal-Konstruktionen wirken geschraubt und bleiben schlecht hängen.
  • aktiv. Passiv-Sätze wirken ausweichend, Aktiv-Sätze wirken dynamisch.
  • kurz und prägnant. Sie sagen mit wenigen Worten das Entscheidende, sind aber so ausführlich wie nötig.

Motivieren Sie Ihren Leser

Sie wollen, dass Ihr Text gelesen wird? Dann müssen Sie Ihren Leser motivieren. Mit sprachlichen und optischen Mitteln. Es gibt eine Reihe grundsätzlicher Merkmale, die darüber entscheiden, ob und wie aufmerksam ein Leser den Text weiterliest, wie positiv er dem Text gegenüber gestimmt ist und wie gut er die aufgenommenen Informationen behält, integriert und weiterverarbeitet.

So sollte ein guter Text aussehen:

  • flüssig geschrieben
  • übersichtlich gegliedert
  • inhaltlich dicht
  • bis zuletzt interessant: Am Schluss sollte möglichst noch ein „Highlight“ stehen, das im Gedächtnis bleibt.

Zwischenüberschriften machen neugierig, wie es weitergeht. Sie sorgen dafür, dass der Leser sich besser orientieren kann und das Gelesene im Gedächtnis behält. Überlegen Sie, wie viel Zeit Sie selbst haben, Texte gründlich zu lesen. Ihrer Zielgruppe wird es ähnlich gehen.

Sie werden häufig feststellen: Je interessanter der Leser für Sie ist – sprich: je erfolgreicher er ist – desto weniger Zeit hat er für Ihren Text. Jedes sprachliche Hindernis, jede Leerformel und jeder Satz, der nicht auf Anhieb verständlich ist, sind „Absprung-Schanzen“ für Ihren Leser. Sorgen Sie dafür, dass er Ihnen erhalten bleibt – bis zum Ende Ihrer Ausführungen.

Sonderfall: Identifikation durch gemeinsamen Code

Ehe Sie jetzt den nächsten Vortrag auf einem Mediziner-Kongress vollständig in Alltagssprache formulieren oder sämtliche Begriffe in einem Leitfaden für Ingenieure ins Deutsche übersetzen: Bedenken Sie bitte, dass das gemeinsame Vokabular einer bestimmten Fachgruppe auch identifikationsstiftend sein kann. Oft geht es darum sich abzugrenzen und als Gruppe zu definieren. Ganz gleich, wie Sie das persönlich bewerten: Es einfach zu missachten könnte für Sie selbst fatale Folgen haben und alles andere als zielführend sein.

Hinzu kommt: Bestimmte Fachausdrücke sind dann sinnvoll, wenn die Beteiligten genau wissen, was gemeint ist. Es gibt Hardliner, die wollen alles ins Deutsche übersetzen, so dass es jeder versteht. Wozu, wenn es gar nicht für jeden gedacht ist?

Doch gemeinsamer Code hin, Fachvokabular her: Auch solche Texte können gut lesbar sein. Wortbandwürmer und „Substantivitis“ sind hier ebenfalls fehl am Platze. Grundsätzlich gelten alle Regeln, die auch sonst für verständliche Texte wahr sind. 

Richtig gute Folien

Vergangene Woche hielt ich einen Vortrag mit dem Titel “Richtig gute Folien”. Es war ein tolles Publikum. Von der ersten Minute an diskutierte es intensiv mit. Immer wieder gab es Anregungen und Beiträge, die den Vortrag mit wertvollen Ideen ergänzten. Eine wirklich runde Sache. Hier ist mein vollständiger Foliensatz:

Ich habe während des gesamten Vortrags keine einzige Folie verwendet

Ganz genau: Ich benutzte keine einzige Folie, der Beamer blieb schwarz. Der Punkt, auf den wir uns auch am Ende eindeutig verständigten, ist: Wer richtig gute Folien machen will, der muss zuerst einmal einen ganzen Berg voll Hausaufgaben machen. Denn nur wer eine klare Botschaft, eine starke Meinung, genügend Hintergrundwissen, einen roten Faden, einen Spannungsbogen, passende Geschichten, Anekdoten oder Beispiele und Ideen für passende Bilder oder Diagramme hat, der kann richtig gute Folien machen. Und die kommen dann meist ganz von selbst. Wer gut vorbereitet ist, für den ist eben die eigentliche Arbeit oft ein Klacks.

Das Wen-kümmert-das-Prinzip

Mann kratzt sich am Kopf und schaut fragend

Saßen Sie schon einmal in einem Vortrag und haben sich gefragt: “Wen kümmert das?” Ich bin mir nicht sicher, ob jeder Vortragende auf diese Frage jederzeit eine zufriedenstellende Antwort wüsste.

Bei Prof. Donald Saari, Mathematiker und Wahlforscher an der University of California, ist das anders. Er hält seine Vorlesungen strikt nach dem Wen-kümmert-das-Prinzip.

In der ersten Vorlesung eines Semesters bietet Prof. Saari seinen Studenten an, zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Vorlesung ebendiese Frage zu stellen: “Wen kümmert das?” Er wird dann innehalten und erläutern, warum das gerade behandelte Thema wichtig ist und wie es in den größeren Zusammenhang der Vorlesung passt – wie abstrus oder unbedeutend es auch erscheinen mag.

Können Sie das auch für Ihre Vorträge? Und wenn nein, warum nicht?

[Quelle: What the Best College Teachers Do von Ken Bain]

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Drei Buchempfehlungen für den inneren Schweinehund

“Sie haben recht, aber…” ist wahrscheinlich der häufigste Satz, den ich in Gesprächen über das Thema Präsentieren höre. Es folgt eine Kette austauschbarer Entschuldigungen: “unser Chef will das so”, “wir haben keine Zeit, ein Handout zu machen”, “das erwarten unsere Kunden so”, “das haben wir immer so gemacht”, …

Mein Gesprächspartner hat gerade seinen Elefanten beruhigt. Der Elefant ist in Chip und Dan Heaths hervorragendem neuen Buch Switch so etwas wie der sprichwörtliche innere Schweinehund. Und der mag keine Veränderungen, denn die bedeuten Ungewissheit, eventuell Rückschläge, vielleicht sogar Fehlschläge. Also vermeidet er sie lieber und sucht nach Ausreden, die ihn auf seinem bisherigen, (vermeintlich) sicheren Weg bestätigen.

Buchcover zu Chip & Dan Heath: Switch

In Switch entwickeln die Heath-Brüder drei Prinzipien, die Veränderungen in praktisch allen Lebenslagen unterstützen. Die Prinzipien lauten (frei übersetzt): 1. Verhindern Sie ausgiebiges Grübeln, 2. Beruhigen Sie den Elefanten und 3. Schalten Sie Störfaktoren in der Umwelt aus. Wie auch schon in ihrem ersten Buch Made to Stick leiten die Autoren zu jedem dieser drei Prinzipien aus unzähligen Geschichten und wissenschaftlichen Studien allgemeine Strategien ab, mit denen Menschen in unterschiedlichsten Situationen erfolgreich Veränderungen gegen allerlei Widrigkeiten umgesetzt haben.

Buchcover zu Seth Godin: Linchpin

Eine etwas andere Perspektive auf den inneren Schweinehund liefert das ebenfalls empfehlenswerte Buch Linchpin von Seth Godin. Auch er begründet, warum der innere Schweinehund Risiken scheut und auf möglichst ungefährlichen Pfaden durch das Leben gehen möchte (Godin bemüht hierfür den Vergleich mit dem Reptiliengehirn). Linchpin argumentiert sehr eindrucksvoll, warum diese “Sicherheits”-Strategie, die auf Anpassung zielt, in traditionellen Karrierevorstellungen zwar ganz gut funktioniert hat, heute jedoch zum Scheitern verurteilt ist. Als einzigen Ausweg sieht Godin, sich unersetzlich zu machen, indem man Risiken auf sich nimmt, wo andere kneifen, und sich selbst als Künstler zu begreifen, der auch in seiner täglichen Arbeit immer wieder Erwartungen übertrifft.

Buchcover zu Dan Pink: Drive

Wer jetzt immer noch Platz im Bücherregal hat, dem empfehle ich auch das Buch Drive von Dan Pink, in dem er die gängigen Motivationsmittel (Zuckerbrot und Peitsche) hinterfragt und stattdessen für eine Stärkung der Eigenmotivation plädiert. Er belegt das anhand zahlreicher psychologischer Experimente, die zeigen, dass klassische Anreizsysteme (“Wenn du das Problem schneller löst, dann bekommst du eine Belohnung”) oft sogar kontraproduktiv sind. Einen Vorgeschmack auf das Buch gab Pink in seinem Vortrag auf der letztjährigen TEDGlobal-Konferenz, den ich vor einiger Zeit hier besprochen habe.

Alle drei Bücher sind übrigens auch hervorragende Beispiele dafür, wie Geschichten dabei helfen, abstrakte Ideen anschaulich zu machen, damit man sie als Leser (oder Zuhörer) besser in seinen Alltag übersetzen kann. Die Stile könnten jedoch unterschiedlicher nicht sein: während die Heath-Brüder einen ganz stringenten roten Faden spinnen, der ganz streng ihren eigenen Empfehlungen aus Made to Stick folgt, schreibt Godin sehr schlaglichtartig. Fast wirkt es, als lese man gerade mehrere Artikel in seinem (ebenfalls lesenswerten) Blog. Erst am Ende fügt sich hier alles zu einem Gesamtbild zusammen.

Vielleicht gibt Ihnen eines dieser Bücher ja auch den letzten Ruck, um bei Ihrer nächsten Präsentation noch mutiger zu sein.

Links zu diesem Artikel
Das erste Kapitel von Switch zum Probelesen
Squidoo-Seite zu Linchpin mit zahlreichen weiteren Links

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Dr. Michael Gerharz