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30 Minuten Stille in Meetings

Amazon ist ein ungewöhnliches Unternehmen, auch bei Meetings. Jedes Meeting startet mit 30 Minuten konzentriertem Lesen von Memos.

PowerPoint an, Gehirn aus. So sieht’s in vielen Meetings aus. Sobald der Beamer läuft, ist das für die Anwesenden das Signal zum Abschalten oder zum E-Mail lesen. Die Vortragenden wissen das und bereiten sich erst fünf Minuten vor dem Meeting vor. Schnell ein paar Folien zusammengesucht, den Rest als Bullet Points auf die Folie getippt. Fertig. Langweilig. Keiner hat Zeit für irgendwas.

Bei Amazon beginnt jedes Meeting mit 30 Minuten Stille

Amazons Chef Jeff Bezos will das nicht akzeptieren und praktiziert in seinen Meetings einen radikal anderen Ansatz: kein PowerPoint sondern ausformulierte Memos. Damit die auch wirklich jeder liest, beginnt jedes Amazon-Meeting mit 30 Minuten Stille, der sog. „study hall“. In einem Interview sagt Bezos (ab ca. 5:30 min):

When you have to write your ideas out in complete sentences, complete paragraphs it forces a deeper clarity.

Und damit hat er recht. Und warum lesen die Amazon-Manager die Memos nicht vor den Meetings?

Time doesn’t come from nowhere. This way you know everyone has the time. The author gets the nice warm feeling of seeing their hard work being read.

Nein zu Bullshit

Amazon schlägt damit gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe:

  • Weil die Autoren wissen, dass das Memo auch gründlich gelesen wird, verfassen sie es sorgfältig.
  • Weil die Lesezeit gezielt eingeplant wird, lesen alle Teilnehmer das Memo auch wirklich (statt Mails zu lesen).
  • Weil die Lesezeit für nichts anderes zur Verfügung steht, lesen die Teilnehmer aufmerksam. Bullshit hat also weniger Chancen. Die Diskussionen werden effektiver.
  • Jeder kennt vor der Diskussion das gesamte Memo. Viele Fragen, die während einer Präsentation gestellt werden könnten, sind so wahrscheinlich schon beantwortet worden. Die Diskussionen werden effizienter.

Kapitulation vor PowerPoint?

Amazons Strategie gegen den „Death of PowerPoint“ ist letztlich die Kapitulation vor PowerPoint, der totale Verzicht. Die Alternative wäre, eine ebenso rigorose Politik für Präsentationen vorzuschreiben, die eben schlecht vorbereitete Bullet-Point-Präsentationen genau so wenig duldet wie schlechte Zuhörer, die auf Ihren iPhones abschweifen.

Die entscheidende Lehre aus Amazons Strategie ist daher: Es gibt einen Ausweg aus dem PowerPoint-Desaster, wenn man den Willen hat, das Problem anzugehen.

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Die Special-Effects-Präsentation

Der eine Raum unscheinbar. Ein kleiner Mann, Sakko, weißes Hemd, mannshohe Projektionsfläche.

Der andere Raum schon gar kein Raum mehr, vielmehr eine riesige Halle mit drei gewaltigen Kinoleinwänden. Ein Kammerorchester neben der riesigen Bühne, ein Magier, ein Regisseur von Weltrang, ein Zeremonienmeister und viele Manager in Abendgarderobe.

Die eine Präsentation spannend, die andere langatmig, ja langweilig. Was glauben Sie: welche ist welche?

Alltag oder Magie?

„We’re the people with the smile on the box.“ Dieses Paket hat wahrscheinlich jeder schon einmal erhalten.

Samsungs gigantische Bühne für ihre Pressekonferenz auf der IFA in Berlin. Eine große Bühne garantiert noch keine spannede Präsentation.

Die eine Präsentation startet mit einem kurzen Film. Er beginnt mit den Worten: „We’re the people with the smile on the box.“ und zeigt dazu die Bilder eines Amazon-Pakets, das zuhause abgeliefert wird.

Die andere Präsentation startet mit einem Magier, der zu Orchestermusik ein paar Kartenspielertricks vorführt. 9 Minuten später fragt der Zeremonienmeister: »Shall we begin?«

Was glauben Sie: Was spricht das Publikum mehr an?

Alltag oder Kunst?

Haben Sie schon einmal im Freien ein Buch gelesen oder auf ein Display geschaut? Dann können Sie sich ganz einfach vorstellen, was ein besseres Display nützt.

„I believe that we all have a speck of creativity inside and it just needs to be brought out.“ Nimmt das jemand aus dem Mund dieses Herrn ernst?

Auf der einen Bühne erklärt Amazon-Chef Jeff Bezos, dass die neuen Kindles besseren Wlan-Empfang haben, damit HD-Filme schnell genug geladen werden. Er zeigt, wie eine neue Bildschirm-Technologie die Lesbarkeit im Sonnenlicht verbessert. Jeder, der schon einmal auf einen Download gewartet oder im Freien auf ein Display geschaut hat, kann sich in diese Situationen hineinversetzen.

Auf der anderen Bühne zeigt der »Kreativitätsbotschafter für das Galaxy Note«, Wim Wenders, wie ein paar Studenten einen Kunstfilm »Recreate Berlin« gedreht haben, in dem Berlin gar nicht neu erfunden wird. Und ein Samsung-Manager im Anzug erklärt, dass in jedem (auch in ihm?) Kreativität stecke, die nur frei gelassen werden müsse. Große Worte, aber kann sich da jemand hineinversetzen? Es folgen etliche Filme, in denen ein Magier neue Samsung-Geräte (im wahrsten Sinn des Wortes) aus dem Hut zaubert.

Was glauben Sie, womit kann man sich besser identifizieren?

Special-Effects oder gute Story?

Immer wieder bemüht Samsung das Bild der „magischen Produkte“. Das ist nicht nur abgestanden, sondern auch völlig abstrakt. Außerdem: Glaubt das einer?

In Amazons Filmeinspielungen erzählen „normale“ Nutzer, wie sie den Kindle nutzen. Das ist auch nicht neu, aber als Zuschauer denkt man sich leichter in diese Personen hinein.

Samsung setzt auf den Wow-Effekt. Amazon auf den Aha-Effekt. Deshalb braucht Amazon den ganzen Pomp von Samsung nicht, der verpufft, weil der Aha-Effekt aufgesetzt wirkt und manchmal ganz fehlt. Wie bei Actionfilmen: gute Special-Effects mögen nett aussehen, aber ohne gute Story bleibt der Film öde.

Und warum funktioniert Amazons Präsentation? Weil Jeff Bezos sich von der ersten Minute an bemüht, den Zuschauer (bzw. den Kunden) in den Mittelpunkt zu stellen. Er schafft Bilder, in die wir uns hineinversetzen können. Wir alle haben schon einmal ein Amazon-Paket erhalten. Und jeder hat sich schon einmal darüber geärgert, dass er sein Handy-Display im Sonnenlicht nicht lesen konnte.

Amazon macht so den Zuschauer – jeden einzelnen – zum Helden, weil wir uns mit den Situationen identifizieren können. Samsungs Helden sind Künstler und Manager im Anzug, und nicht einmal echte Promis. Wir wollen kein Wim Wenders sein, auch kein Magier (jedenfalls die meisten nicht).

Wenn Ihre Präsentation spannend sein soll, brauchen Sie einen Helden, mit dem sich ihr Publikum identifizieren kann. Sie brauchen keinen teuren Wow-Effekt, sondern einen echten Aha-Effekt.

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It’ll make your jaw drop. – Steve Jobs

Eine der besten Präsentationen, die ich kenne, ist die Vorstellung des ersten iPhones:

Für viele Unternehmen sind Jobs’ Präsentationen mittlerweile zur Blaupause geworden. Die Produktpräsentationen von Facebook, Nokia und Amazon sind mehr oder weniger offensichtliche Kopien. Allerdings: meist schlechte, bisweilen bizarre Kopien.

Bisweilen gespenstisch wirkte auf mich die Kindle-Präsentation von Amazon-Chef Jeff Bezos:

Bis ins kleinste Detail eifert Amazon Apple nach. Doch die Präsentation bleibt seltsam trostlos. Bezos wirkt spröde, läuft pausenlos hin und her, spricht monoton ohne Höhen und Tiefen, stellt Fragen, die keine sind. Besonders bizarr wirken die langen Pausen, in denen Bezos wohl auf Applaus hofft, der aber immer und immer wieder ausbleibt (welch ein Kontrast zu Apples „Fanboys“, die so oft in tosenden Jubel ausbrechen).

Die Frage, die ich mir dabei stelle: Warum überhaupt versuchen Bezos und all’ die anderen Unternehmen, ein zweiter Jobs zu sein? Sie sind es nicht! Aber warum sollten sie auch?

Hat Amazon nicht genug erreicht, auf das es stolz sein kann? Warum haben sie dann nicht das Selbstbewusstsein, ihren eigenen Stil zu finden? Ich glaube, dass das viel besser funktionieren würde.

Und genau das rate ich auch Ihnen. Schauen Sie sich ganz genau die Keynotes von Steve Jobs an. Lernen Sie alles, was Sie lernen können. Aber dann: nehmen Sie dieses Wissen und passen es auf Ihre Persönlichkeit an. Sie sind nicht Steve Jobs und müssen es auch nicht sein. Sie werden andere Möglichkeiten finden, Ihre Möglichkeit, mit Ihrer Präsentation zu begeistern.

Um das mit den Worten von Steve Jobs zu sagen:

„Simply make it great“ – Steve Jobs

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Dr. Michael Gerharz

Dr. Michael Gerharz