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Nenn’ das Kind beim Namen

Hauptsache politisch korrekt. Erfüllt Kommunikation, die nur aus leeren Masken besteht, überhaupt noch ihren Zweck?

In seiner Kolumne auf Spiegel online hat Jan Fleischhauer neulich einen Artikel mit dem Titel Political Correctness: Auf dem Weg zur Trottelsprache veröffentlicht. Es geht um Political Correctness in Kinderbüchern: Pippi Langstrumpf trifft nun nicht mehr auf den Negerkönig, sondern den Südseekönig, in „Die kleine Hexe“ verkleiden sich die Kinder künftig nicht mehr als Chinesenmädchen oder Neger. Fleischhauer resümiert die Vergänglichkeit von politisch korrekten Begriffen so:

Kaum ist ein neuer Begriff gefunden, vergeht etwas Zeit, bis auch dieser als abwertend empfunden wird. Auf Ausländer folgt Migrant, auf Migrant der Mensch mit Migrationshintergrund. Wenn auch das pejorativ klingt, wendet man sich der anderen Seite zu und spricht von Pass- beziehungsweise Bio-Deutschen. Irgendwann ist man bei der Trottelsprache. Dann ist der Behinderte nicht mehr behindert, sondern „anders befähigt“ beziehungsweise ein „Mensch mit anderen Bedürfnissen“.

Sprache ist ein Spiegel unserer Kultur. Wenn ein Begriff aus historischen Gründen vorgeprägt ist und seine Verwendung traumatische Erlebnisse wiederaufleben lässt, möchte ich mir nicht anmaßen, darüber zu urteilen, ob er weiterhin benutzt werden muss oder nicht. In vielen Fällen habe ich jedoch den Eindruck, dass Sprache zur politischen oder gesellschaftlichen „Erziehung“ missbraucht wird.

Wenn jemand aus dem Ausland kommt, ist es – rein sprachlich – dann nicht nur logisch, dass er ein Ausländer ist? Versuchen Sie mal, ein Kind dazu zu bringen, stattdessen den Begriff „Mensch mit Migrationshintergrund“ zu verwenden. Und warum dürfen Menschen, die studieren, nicht ganz kurz und bündig „Studenten“ sein, egal welches Geschlecht sie haben?

Wollen Sie etwas sagen oder niemandem auf die Füße treten?

Worum es mir eigentlich geht: Wenn unsere Sprache zwar so neutral ist, dass sie ja keinem auf die Füße tritt, aber nur noch aus Worthülsen besteht, erfüllt sie dann überhaupt noch ihren kommunikativen Zweck? Oder wüssten Sie auf Anhieb, von wem die Rede ist, wenn man von einem Menschen spricht, der „anders befähigt“ ist?

Möchte ich eine Botschaft rüberbringen, muss ich das Kind beim Namen nennen. Wie wichtig das ist, beweisen zahllose langatmige, inhaltsleere Politikerreden – Entschuldigung, Politiker- und Politikerinnenreden. Und sicherlich auch zahllose Präsentationen, die Sie tagtäglich erleben.

In Mali habe ich etwas erlebt, dass diesen Punkt sehr schön unterstreicht. Auf den Straßen rufen Kinder einem hellhäutigen Besucher „Weißer! Weißer!“ nach. Man entgegnet mit der gleichen Fröhlichkeit „Schwarzer! Schwarzer!“. Das trifft es genau auf den Punkt und politisch inkorrekt findet das niemand.

Wie man kreativ Leser vergrault

Texte dürfen der Botschaft nicht im Weg stehen. Nichts vergrault Leser schneller als anstrengende Texte

von Anne Knauer

Hallo neues Jahr, hallo neue Projekte! Praktisch, wenn da die Jahresprogramme 2013 der Fortbildungsinstitute pünktlich Anfang Januar im Briefkasten liegen.

Ein Horizont ohne Grenzen

„Schreibwerkstatt“ zum Beispiel ist eine zweitägige Fortbildung, die den Teilnehmern kreatives Schreiben und Geschichten Erzählen nahebringen soll. Doch was vielversprechend klingt, schluckt leider die eigene Medizin nicht.

Schon die Kundenstimmen zum Kurs im vergangenen Jahr auf dem Einband der Broschüre lassen stutzen: “Horizonte kennen keine Grenzen.” Lassen wir uns das mal auf der Zunge zergehen: Ein Horizont ist per Definition eine Grenze, nämlich die zwischen Himmel und Erde. Wie kann eine Grenze keine Grenze haben? Zugegeben, einen gewissen Grad an Kreativität braucht man für einen solch haarsträubenden Allgemeinplatz – da hat der Teilnehmer wohl besonders gut aufgepasst.

Der nächste Stolperer folgt: „Grundlage für das Erlernen aussagekräftiger Texte sind…“ Moment, der Kurs vermittelt das Erlernen von Texten? Ein Auswendiglernkurs soll die „Schreibwerkstatt“ aber sicherlich nicht sein.

Wer bis hierhin durchgehalten hat, wird zum Abschluss mit einem Bandwurmsatz belohnt: „Kreatives Schreiben unterstützt die wichtigste Fähigkeit, die uns die Kreativität beschert: Distanz zu gewinnen zu allem, was uns den Blick verstellt, Perspektivwechsel üben, Dingen sehen, die wir vorher nicht gesehen haben.“ Diesen Wortwust muss man ein paar Mal lesen, bis man die Aussage herausgearbeitet hat: Wenn ich kreativ schreibe, kann ich über den Tellerrand hinausschauen. Aber muss ich das nicht schon vorher tun, um überhaupt kreativ schreiben zu können? Spätestens an diesem Punkt dürfte der Leser restlos verwirrt sein – wenn er nicht schon längst das Weite gesucht hat.

Wenn der Text zum Störer wird

Ob anspruchsvoll oder unterhaltend, werbend oder informierend, für Fachpublikum oder die Massen, bei einem guten Text steht die Botschaft im Vordergrund. Fängt mein Leser an, über Formulierungen nachzudenken, ist meine Botschaft längst untergegangen. Ähnlich dem Vortragenden, der zwar Interessantes zu erzählen hat, dem aber alle nur auf die Petersilie zwischen den Zähnen starren, darf ein Text nicht von sich selbst ablenken, er darf nicht zum Störer werden. Im Gegenteil: Da ein Text nur wenige Sekunden Zeit hat, um die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen und zu halten, muss er die Botschaft auf einem Silbertablett präsentieren. Nichts vergrault einen Leser schneller als ein anstrengender Text – egal wie interessant die Botschaft ist.

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